Interview mit Michael Römling

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1. Wer ist Michael Römling? Magst du dich mal vorstellen?

Ich bin 1973 in Soest geboren, habe hauptsächlich Geschichte hauptsächlich in Göttingen studiert, bin dann wegen einer Doktorarbeit zuerst nach Spanien und dann nach Italien gegangen und dort, also in Rom, erstmal acht Jahre kleben geblieben. Aus privaten Gründen kam ich dann 2006 wieder nach Deutschland, und wie es der Zufall wollte, landete ich wieder in Göttingen.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Und die wohl meistgegebene Antwort: Damit habe ich schon früh angefangen. Erst waren es nur ein paar Kurzgeschichten, dann wurde das durch das Studium von der Freude am wissenschaftlichen Schreiben überlagert. Ich habe nach der Promotion erstmal vier Stadtgeschichten geschrieben und veröffentlicht. Dann kam 2007 Wolfgang Hölker vom Coppenrath-Verlag auf mich zu und bot mir an, einen Jugendroman über die Varusschlacht zu schreiben. Darauf folgten zwei weitere Jugendromane, aber ich wollte eigentlich Bücher für Erwachsene schreiben. Ab 2014 habe ich dann an Pandolfo gearbeitet, der bis zu einem gewissen Grad mein Dissertationsthema in Romanform verarbeitet. Der wurde dann von Rowohlt verlegt, darauf folgte Mercuria und jetzt die Tankred-Reihe.

3. Du wurdest mit der Buchreihe “Tankred” für den Goldenen Homer 2024 nominiert. Das ist ein Preis für hervoragende Historische Literatur. Wie hast du dich gefühlt, als du von der Nominierung erfahren hast und nach dem du dann auch mit dem GOLDENEN Homer heimgegangen bist?

Na, wie wohl? Erstmal sehr geschmeichelt, dann sehr geehrt. Mein achtjähriger Sohn war bei der Verleihung dabei, der hatte vorher die ganze Zeit behauptet, dass ich den Preis kriege. Ich war mir da nicht so sicher, vor allem, nachdem Bronze und Silber schon weg waren. Sie haben es an dem Abend aber auch sehr, sehr spannend gemacht. Als dann ganz zum Schluss mein Name fiel, war das wie eine warme Dusche. Vor allem die Laudatio hat mir gefallen, weil da als Begründung für die Auszeichnung nicht von Kampf und Spannung die Rede war, sondern von der schnodderigen Figurensprache und den absurden Szenen. Das war nämlich genau das, was mich angetrieben hat: dieses Genre nicht so bierernst zu nehmen und es auch mal mehr oder weniger derb zu veralbern. Dass die Jury genau das überzeugt hat, habe ich als Bestätigung gesehen. Ich war sehr glücklich.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?

Ich habe die Reihe so etwa ein Dreivierteljahr mit Recherchen vorbereitet, weil die Epoche mir weniger vertraut war als die von Pandolfo und Mercuria. Im frühen Mittelalter gibt es wenig Auswahl bei den schriftlichen Quellen, dafür hat die Archäologie einen höheren Stellenwert. Geschrieben habe ich die fünf Bände (einer kommt erst nächstes Jahr) dann ziemlich schnell, also innerhalb von etwa zwei Jahren.

5. Wenn du eine traurige, witzige oder spannende Szene schreibst, fühlst du dann mit?

Ja und nein. Bei traurigen fühle ich natürlich mit, bei den witzigen ist das mehr ein Hineindenken, um die Stimmung absurder Situationen oder Dialoge zu erfassen und dann mitzuprotokollieren, wie sich das entwickelt und was die Figuren so in den Raum hineinquaken. Bei spannenden Szenen bin ich emotional eigentlich nicht involviert, das ist reine Technik. Man selbst weiß ja schon, wie es ausgeht.

6. Welche Dinge verfolgst du mit Leidenschaft?

Wissen. Wie entstand das Universum, wie lief die Evolution ab, was ist Quantenphysik, wie laufen chemische Reaktionen ab, was für politische Systeme gibt es? Und dann vor allem Geschichte. Der Vergangenheit auf den Grund gehen und verstehen, wie das wirklich war, warum es so gekommen ist und nicht anders, und wie man sich früher die Welt vorstellte. Schöne Sprache. Gedichte und elegante Prosa. Alte Meister. Archäologische Ausgrabungen. Ich kann an keiner Grube vorbeigehen.

7. Wer ist deine liebste historische Figur?

El Greco, der Maler. Den habe ich in Mercuria eingebaut, eigentlich sollte er die Hauptfigur werden, aber Mercuria hat sich dann in den Vordergrund geschoben.

8. Du hast bereits mehrere Bücher geschrieben und veröffentlicht. Sind die Bücher im gleichen Genre? Wie lauten die Buchtitel um mehr darüber zu erfahren?

Wie gesagt, ich habe mit Stadtgeschichten angefangen, die waren jeweils so etwa 300 Seiten stark und sollten die Geschichte der jeweiligen Stadt für ein breites Publikum lesbar, aber nicht oberflächlich aufbereiten: zuerst Soest, dann Münster, Aachen, Bremen und später Göttingen. Dann kamen die drei Jugendromane Signum, Schattenspieler und Seitenwechsel bei Coppenrath, dann Pandolfo und Mercuria und schließlich die Tankred-Reihe bei Rowohlt.

9. Weißt du bereits vorher genau, was in deinen Büchern passiert? Oder arbeitest du dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Ich mache vorher einen ziemlich detaillierten Plotplan, also weiß ich schon, was passiert – nur dass es dann manchmal eben nicht passiert, weil genau das geschieht, was du in deiner Frage schon angesprochen hast: Die Figuren verselbstständigen sich, weil ihre Charaktere sich entwickeln, oder die Handlung nimmt einen anderen Verlauf, weil einem mittendrin plötzlich andere Ideen kommen.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen du erzählen möchtest bzw. darfst?

Ich sitze derzeit an einem Buch über die Wiedertäuferzeit in Münster, auch wenn Tankred noch nicht abgehakt ist. Für mich ist das ganz gut, zumindest für eine Zeit aus dem frühen Mittelalter rauszukommen, mir ist das 16. Jahrhundert vertrauter. Ich kenne diese Geschichte auch ganz gut, weil ich mich für die Stadtgeschichte über Münster mal ausgiebiger damit befasst habe. Der Reiz liegt jetzt eher darin, das jenseits der bekannten Klischees zu verarbeiten.

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