Interview mit Erika Weigele

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1. Wer ist Erika Weigele? Magst du dich mal vorstellen?

Ich bin Jahrgang 1965, habe Germanistik und Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Mittelalter studiert
und über einen Liebesroman des 13. Jahrhunderts promoviert, der mich zu meinem Debütroman
inspiriert hat. Nach mehreren Jahren als Redakteurin, Buchherstellerin und Übersetzerin in Würzburg,
München und Belgien lebe ich heute im Westerwald. Im Brotberuf arbeite ich als Assistentin der
Geschäftsführung in einem chemischen Betrieb und bin Mutter einer wunderbaren Tochter, die
Mediendesign studiert und mich bei der ganzen Social Media Technik tatkräftig unterstützt. Sie hat
zum Beispiel auch den Trailer für den „Buchmaler“ geschnitten.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Bilderbücher für die jüngere Schwester habe ich schon als Teenager geschrieben, dann Artikel für die
Schülerzeitung, Sketche für Studentenpartys. In den Berufsjahren als Redakteurin, Reisebloggerin und
Übersetzerin habe ich zwar ständig geschrieben, an die große Form habe ich mich aber erst sehr spät
gewagt. Ich habe mir zum 50. Geburtstag selbst ein Fernstudium geschenkt, dort entstand auch die Idee zum „Buchmaler von Zürich”.

3. Du wurdest mit dem Buch “DIE BUCHMALER VON ZÜRICH” für den Goldenen Homer 2024 nominiert. Das ist ein Preis für hervoragende Historische Literatur. Wie hast du dich gefühlt, als du von der Nominierung erfahren hast?

Sprachlos und sehr glücklich. Mit dem Erstling gleich auf der Shortlist für einen Literaturpreis zu
landen, neben lauter renommierten Autoren, das war schon ein sehr erhebendes Gefühl.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?

Sehr lange, wobei auch sehr viel Zeit der Recherche geschuldet war. Ich wohnte ja nicht mehr in
München, wo man die BSB mit all ihren Schätzen direkt vor der Tür hat, sondern musste mir viel
Fachliteratur über Fernleihe besorgen, das dauert eben. Zum Glück gibt es das Internet und fleißige
Menschen, die ihre Forschungsergebnisse digitalisieren. Die allererste Idee zum Projekt entstand
Ende 2015, im Februar 2022 war das Manuskript fertig. Wobei die Schreibzeit sehr ungleichmäßig
verteilt war, für die ersten 50 Seiten habe ich fast zwei Jahre gebraucht, die letzten 300 innerhalb von
sechs Monaten im Lockdown heruntergeschrieben.

5. Wenn du eine traurige, witzige oder spannende Szene schreibst, fühlst du dann mit?

Immer. Vor allem bei traurigen Szenen fließt schon mal ein Tränchen.

6. Welche Dinge verfolgst du mit Leidenschaft?

Lesen und recherchieren. In alten Urkunden Regesten kann ich mich schonmal verlieren, oft tauchen
dann Figuren oder Szenenideen vor meinem inneren Auge auf, die ich vorher gar nicht auf dem
Schirm hatte. So bin ich zum Beispiel zu meinem Antagonisten Pater Otto gekommen, ich fand einen
gemeinsamen Brief des Zürcher Klerus vom Fraumünster und Grossmünster an den Konstanzer
Bischof, in dem sich Äbtissin und Propst bitterlich über einen Franziskanerpater Otto beschweren, der
sie in seinen Predigten immer verunglimpfen würde – das hat mir so gut gefallen, dass ich es gleich
vereinnahmt habe.

7. Wer ist deine liebste historische Figur?

Das kann ich so gar nicht beantworten, ich habe nicht die eine Lieblingsfigur. Sehr spannend finde ich
Herrscher, die sich für den kulturellen Austausch eingesetzt haben und Bildung und Wissenschaften
gefördert wie zum Beispiel Karl den Großen oder den Staufer Kaiser Friedrich II.

8. Hast du Rituale beim Schreiben? Wenn ja, welche?

Richtige Rituale habe ich nicht, aber um in Schreibfluss zu kommen, brauche ich den blinkenden
Cursor auf einem weißen Blatt Papier in meinem Schreibprogramm, Iiro Rantala im CD-Player und
eine große Tasse Tee.

9. Weißt du bereits vorher genau, was in deinen Büchern passiert? Oder arbeitest du dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Ich habe ein grobes Handlungsgerüst, an dem ich mich entlangarbeite und das es mir zum Beispiel
ermöglicht, auf Lücke zu schreiben – wenn ich an einer Stelle hänge, weil mir dafür noch
Recherchematerial oder Inspiration fehlt, schreibe ich an Szenen weiter, die in der Handlungsabfolge
erst später kommen würden und schließe die Lücke später. Nebenhandlungen können aber durchaus
spontan während des Schreibens entstehen – meine Nebenfiguren Pierre und Bertille sind zum
Beispiel ungeplant aufgetaucht, als mein Protagonist in Lyon eintraf, sie standen da einfach am Kai –
ich fand sie nett und brauchbar und habe sie behalten.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen du erzählen möchtest bzw. darfst?

Zurzeit arbeite ich an einer Fortsetzung des „Buchmalers“, die ungefähr siebzehn Jahre später spielt
und an einem zeitgenössischen Kriminalroman.

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