Interview mit Alexander Schwarz

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1. Wer ist Alexander Schwarz? Magst du dich mal vorstellen?

Geboren 1964 in Stuttgart, aufgewachsen in Pforzheim, bin ich noch während meines Studiums von Freiburg im Breisgau mit meiner damaligen Frau nach Utrecht umgezogen. Seitdem wohne ich in Holland. Oder besser gesagt, wieder. Zwischendrin habe ich sechs Jahre in Reykjavík, Island gelebt.
Seit fast dreißig Jahren schreibe ich Reiseführer und andere Sachbücher.
Außerdem war ich selbst zwanzig Jahre Verleger und Programmleiter in Verlagen in Holland. In der Zwischenzeit arbeite ich als Literaturagent vor allem für deutsche Verlage in Richtung nordische Länder.
Die Entdeckerin der Welt über Maria Sibylla Merian ist mein zweiter Roman.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Tja, was die Belletristik betrifft, verspürte ich nicht wirklich diesen Drang, solange ich selbst verlegerisch tätig war. Das hat sich mit der Zeit geändert. Und dann habe noch ein bisschen gebraucht, bis ich mich wirklich getraut habe.
Tatsächlich habe ich aber schon Bücher geschrieben, bevor ich einen Verlag hatte. Auf die Idee unseres ersten Buchs, einen Reiseführer über Amsterdam (CityTrip plus Amsterdam bei Reise-Know How) kamen meine damalige Frau und ich, als wir merkten, wieviel Spaß es uns machte, hier zu leben, sondern das auch mit anderen zu teilen und Ihnen Tipps und Ratschläge an die Hand zu geben.

3. Soeben ist Dein neuer Roman “Die Entdeckerin der Welt” beim atb Verlag erschienen. Er erzählt die Geschichte einer starken Frau, die so manchen Stolperstein zu überwinden hat. Maria Sibylla Merian – die größte Naturforscherin ihrer Zeit um 1700 und ihrer grenzenlose Sehnsucht nach Freiheit. Wie kam dir die Idee zu diesem Roman und was möchtest Du den Lesern mitgeben?

Ich hatte gerade einen autobiografischen Roman (Susanne Braun: Die Insel der wilden Träume) fertiggestellt und habe nach einem neuen Thema gesucht. Ich habe nach einer starken Frau gesucht, die mit beiden Ländern etwas hatte, und so bin ich auf Maria Sibylla Merian gestoßen. Das Tüpfelchen auf dem i ist für mich das Goldene Zeitalter, wie das 17. Jahrhundert in Holland genannt wird, und, damit direkt zusammenhängend, das von den Holländern ausgebeutete, koloniale Suriname.
Zunächst dient der Roman der Unterhaltung. Ich möchte also nichts mitgeben im Sinne von erhobenem Zeigefinger. Wer möchte, dem bieten einige Szenen aber vielleicht schon Stoff zum Nachdenken. Um es mal etwas pointiert zu sagen: Solange sich Frauen unsicher fühlen müssen, wenn sie abends durch einen Park laufen oder mit dem Fahrrad eine unbeleuchtete Strecke fahren müssen, solange Frauen noch immer niedrigere Gehälter beziehen oder in so manchen Branchen weniger ernst genommen werden, zeigt sich doch eine gewisse Struktur, die durch die Jahrhunderte bis heute durchläuft.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?

Zunächst mal habe ich ein dreiviertel Jahr nur recherchiert, ohne ein Wort zu schreiben.
Im Verlauf der Recherche wurde mir auch die Dramaturgie und Struktur des Romans, welche Akzente ich in Maria Sibyllas Leben ich hervorheben wollte, immer deutlicher.
Ich habe ja über ein gelebtes Leben geschrieben und wollte meiner Protagonistin so gerecht wie möglich werden. Das bedeutete auch viel mit Historiker:innen, Journalist:innen, Bibliothekar:innen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland in Kontakt zu treten. Glücklicherweise kann ich mit den Fachleuten in beiden Sprachen austauschen und die Originaldokumente in beiden Sprachen lesen. Das hilft enorm.
Mit dem Schreiben selbst war ich dann etwas mehr als ein Jahr lang beschäftigt. Und natürlich gab es auch in dieser Zeit noch jede Menge zu recherchieren.

5. Erzähl uns doch ein wenig aus Deinem Schreiballtag. Wie sieht ein typischer Schreibtag bei dir aus? Hast Du bestimmte Rituale?

Ich schreibe auf jeden Fall morgens, bevor mir die Unruhe des Tages befällt. Also die Mail aus- und das Telefon auf stumm schalten. Sobald ich anfange darüber nachzudenken, was heute noch so ansteht, ist es mit dem Schreiben vorbei. Mitunter schreibe ich dann auch noch abends. Das liegt einfach daran, wieviel andere Dinge an diesem Tag noch anstehen.
Rituale lasse ich immer mehr los. Genauso wie Meditieren sollte man meiner Meinung nach immer und überall Schreiben können. Es ist wirklich eine Frage des Fokussierens und des Machens.
Was ich aber beibehalte ist, dass ich während des Schreibens, jedenfalls die ersten ein, zwei Stunden nebenher Musik höre, sorgfältig ausgewählte Instrumentalmusik mit dem Ziel, mich noch tiefer in den Fokus zu bringen, in das Buch eintauchen zu können.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Eine kurze Pause tut dann schon auch gut. Aber mein Kopf steht nicht still und im Laufe der Arbeit an dem einem Buch entstehen auch schon Ideen für das nächste. Und natürlich möchte ich dann am liebsten gleich wieder loslegen. Ich fange dann schon mal so nebenher an, zu recherchieren …
In meinem Fall kam noch die Aktualisierung eines meiner Reiseführer dazwischen. Vielleicht tut das ja auch ganz gut, zwischendrin ein Sachbuch zu schreiben.

7. Du hast bereits mehrere Bücher geschrieben und veröffentlicht. Gibt es noch Romanideen für andere Genre, z.B. Sachbuch oder …?

Ja, die gibt es tatsächlich. Dabei könnte Island durchaus wieder eine stärkere Rolle spielen. Wenn die Projekte spruchreif sind, erzähle ich gern mehr darüber, doch dafür ist es jetzt noch zu früh. Schauen wir mal …

8. Weißt Du bereits vorher genau, was in Deinen Büchern passiert, d.h. arbeitest Du Dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen Dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Meine bisherigen Romane hangeln sich am Leben wirklicher Menschen entlang. Es handelt sich um gelebte Leben. Ich weiß in diesen Fällen, bevor ich anfange zu schreiben, wo ich anfangen und wo ich den Schlusspunkt setzen möchte. Ich kenne die Begebenheiten, über die ich schreiben kann. Was ich weglasse, was ich kleiner oder größer mache, entscheide ich mit Respekt den Personen gegenüber, über die ich schreibe. Dabei spielt aber auch die Dramaturgie eine Rolle. Für die Fantasie bleibt glücklicherweise aber immer noch jede Menge Spielraum.
Während des Schreibprozesses gibt es tatsächlich immer wieder Überraschungen. So übernehmen meine Protagonist:innen manchmal die Handlung und lassen schreiben. „Es“ schreibt dann und ich bin einfach nur der Kanal, durch den die Information fließt und dessen Finger zum Tippen verwendet werden. Ein grandioses Gefühl, weil ich dann praktisch keine Distanz mehr zu meinen Romanpersönlichkeiten und der Handlung fühle. Ich bin dann unmittelbar und mitteldrin dabei. Ein sehr schönes Gefühl.

9. Hast Du Vorbilder im Schreibbereich – Lieblingsautoren oder Romane, die Du selbst gern geschrieben hättest?

Uiii, es gibt so viele gute Autor:innen … Wenn ich einen nennen sollte, ist es der Isländer Arnaldur Indriðason, der wohl am meisten mit internationalen Preisen bedachte Kriminalromanautor überhaupt. Er versteht es wie kein zweiter, Informationen zu dosieren und so eine unglaubliche Spannung zu erzeugen. Er weiß hervorragend zu unterhalten und dabei durchaus heftige Themen anzusprechen.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen Du erzählen möchtest bzw. darfst?

O ja, die gibt es! Im Moment arbeite ich Ideen für mehrere Romane aus. Es zeichnet sich aber schon ab, dass auch der nächste Roman ein historischer sein wird und wiederum eine starke Frau die Protagonistin sein wird. Aber mehr möchte ich im Moment noch nicht verraten ….

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