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Meine Bücher und ich …

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Interview mit Mac P. Lorne

✽•*¨*•๑✿๑★ Autoreninterview ★๑✿๑•*¨*•✽

1. Wer ist Mac P. Lorne? Magst du dich mal vorstellen?

Das ist wohl die schwierigste Frage überhaupt. Wer ist man? Ich versuche es mal biographisch.

Geboren wurde ich 1957 in der SBZ (manche sagen bis heute noch DDR zu diesem Gebilde), aus der ich im Frühjahr 1988 in Absprache mit meiner Familie geflohen bin.
Meine Frau und meine Tochter kamen als erste Zweitbesetzer der Deutschen Botschaft in Prag am 05.10.1989 nach.
Gemeinsam haben wir in Bayern einen Reit-, Zucht- und Ferienbetrieb aufgebaut, den wir leider nach fünfundzwanzig Jahren wegen der schweren Erkrankung unserer Tochter aufgeben mussten.
Pferde aus unserer Zucht gingen auch an Olympiareiter, und wir hatten Gäste aus der ganzen Welt.
Seit zwei Jahren bin ich jetzt im „Unruhestand“ und widme mich nur noch meiner Familie und dem Schreiben.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Und warum mit einem Pseudonym?

Meinen ersten Roman habe ich bereits mit 18 Jahren während des Abiturs geschrieben.
Es war ein historischer Western, und da hätte mein Klarname einfach nicht dazu gepasst.
Also habe ich mir ein Pseudonym ausgedacht: Mac war mein Spitzname in der Schule, warum auch immer. P. steht für Pseudonym und Lorne – Lorne Green – war der Boss in der Fernsehsendung Bonanza. Das erschien mir passend.
Geschichte und Literatur haben mich schon immer fasziniert, und ich hätte beides auch gern studiert, aber das wäre ohne Mitgliedschaft in der SED nicht möglich gewesen. Und in diese kriminelle Vereinigung wäre ich – Entschuldigung für die Wortwahl – ums Verrecken nicht eingetreten.
Wer Näheres darüber wissen will, dem empfehle ich die Lektüre des Romans „Die geteilten Jahre“, der die Lebensgeschichte unserer Familie von Mauerbau bis Mauerfall erzählt.
Aber so musste das Schreiben warten, bis wir uns im Westen etabliert und wirtschaftlich stabilisiert hatten.
Seit 2010 sind bisher zwölf Romane entstanden – und ein Ende ist nicht in Sicht.

3. Du wurdest mit dem Buch “Sie nannten ihn Sid – Eine spanische Legende” für den Goldenen Homer 2022 nominiert. Das ist ein Preis für hervoragende Historische Literatur. Wie hast du dich gefühlt, als du von der Nominierung erfahren hast und nach dem du dann mit dem Bronzenen Homer heimgegangen bist?

Es war ja nun schon die vierte Nominierung und noch dazu der dritte Bronzene Homer in Folge.
Trotzdem will ich auf gar keinen Fall sagen, dass sich ein Gewöhnungseffekt einstellt, im Gegenteil.
Ich zumindest bin immer sehr stolz und glücklich, wenn ich von einer derartigen Nominierung erfahre und glaube bis zuletzt nicht daran, zu den Preisträgern zu zählen.
Umso größer ist dann die Freude, wenn man doch auf die Bühne gebeten wird oder plötzlich auf der Gewinnerliste steht.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?

Ich brauche meistens so in etwa zwei Jahre für ein Buch, wobei das erste Jahr Recherche ist.
Die läuft allerdings parallel zum Schreiben eines anderen Romans.
Mit dem Cid habe ich mich allerdings schon seit meinen frühen Jugendjahren beschäftigt, und zwar ganz konkret, seit ich den Monumentalfilm mit Charlton Heston und Sophia Loren im Kino gesehen habe.
Aber da ich immer wissen will, wie es wirklich war, ist das Buch gaaaanz anders als der Film.

5. Wie verlief die Recherche zu diesem Buch?

Das war wegen Corona diesmal schwierig.
Ich fahre ja immer an die Orte des Geschehens hin, um mir ein Bild von den historischen Stätten und auch von den Landschaften zu machen, in denen der Roman spielt.
Die Reise war bis ins Detail geplant und sollte auf dem Camino del Cid von Valencia nach Burgos führen, aber dann war Nordspanien auf einmal Hochrisikogebiet.
So musste ich auf Eindrücke aus meinen früheren Reisen zurückgreifen und hatte zum Beispiel das Bild von Carcassonne vor Augen als es um die Belagerung von Valencia ging.

Ansonsten ist es vor allem Quellenstudium in Bibliotheken und im Internet.
Bevor ich einen Fakt verwende, muss er dreifach verifiziert sein.
Diesen Anspruch habe ich an mich selbst.

6. Erzähl uns doch ein wenig aus deinem Schreiballtag. Wie sieht ein typischer Schreibtag bei dir aus? Hast du bestimmte Rituale?

Rituale habe ich keine. Ich setze mich hin und fange an zu arbeiten.
Das kann aber auch erst das Beantworten von Mails oder Recherche sein.
Früher, als wir noch einen Reit- und Ferienbetrieb hatten, kam ich erst nach der täglichen Arbeit am Abend und in die Nacht hinein zum Schreiben.
Das versuche ich jetzt gerade zu verändern, denn es ist ja nicht gerade gesund.
Deshalb gehe ich früh meist eine Runde mit dem Hund durch den Wald, und was mir dabei eingefallen ist – und das ist oft eine Menge – bringe ich dann zu Papier bzw. tippe es natürlich in den PC.

7. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Wenn ich abgegeben habe, brauche ich erst einmal eine schöpferische Pause, denn dann fühle ich mich erst einmal ausgelaugt und kaputt.
Aber die hält nicht lange vor, denn dann kommt der erste Lektoratsdurchgang zurück, der durchgesehen werden will, dann der zweite, später die Druckfahnen.
Später wird am Klappentext und an Bonusmaterial wie Karten, Zeichnungen etc. gearbeitet.
Parallel dazu beginne ich meist für das nächste Buch zu recherchieren, und meist kommt dann der Moment, wo es mich so richtig packt und ich beginne, in die Tasten zu hauen.
Wie bei Hemingway müssen es mindestens tausend Worte am Tag werden, das ist selbstgestecktes Ziel.
Aber ich komme auch oft bei zweitausendfünfhundert oder mehr raus, wenn es so richtig läuft.

8. Weißt du bereits vorher genau, was in deinen Büchern passiert, d.h. arbeitest du dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Ich halte mich ja immer so dicht es geht an die Geschichte.
Ja, ich sage oft, ich erzähle Geschichte.
Allerdings so spannend wie möglich verpackt, damit ich ein breites Leserspektrum erreiche, der ich sie nahebringen will.
Damit ist der Handlungsstrang allerdings vorgegeben, und das selbst dann, wenn es sich wie bei Robin Hood um fiktive Gestalten handelt.
Noch mehr allerdings bei historischen Personen wie dem Cid, Richard I. oder auch im nächsten Roman Jack Bannister.
Deshalb ist der Handlungsspielraum im gewissen Umfang vorgegeben.
Aber das ist auch gut so, denn dadurch ergibt sich ein Rahmen, den ich dann, wo gesicherte Fakten fehlen, mit meiner Fantasie ausfüllen kann.
Nur Geschichte zu verfälschen, das geht gar nicht.
Sie ist an sich spannend genug, da muss man auch – wie manche Kollegen sagen – aus dramaturgischen Gründen nichts daran verändern.
Wenn Löwenherz und Saladin sich nachweislich nie getroffen haben, dann haben sie sich nie getroffen. Punkt!
Und doch entwickeln meine Protagonisten oft ein Eigenleben, verändern sich ihre Charaktere unbeabsichtigt mit der Zeit oder es kommen neue Rechercheergebnisse im Laufe des Schreibprozesses dazu.
Aber auch Ideen – und plötzlich sagt mir mein „Held“, dass er das so, wie ich es darstelle, nicht mag.
Und dann muss ich natürlich auf ihn hören, ist doch selbstverständlich.  

9. Hast du Vorbilder im Schreibbereich – Lieblingsautoren oder Romane, die du selbst gern geschrieben hättest?

Ich denke, jeder Autor muss seinen Stil selbst finden.
Als Jugendlicher habe ich Karl May mit dem Atlas neben mir gelesen, Dumas mit dem Lexikon.
Er hat mich vielleicht am stärksten geprägt.
Viele Leser wissen bestimmt gar nicht, dass es d’Artagnan und auch seine drei Freunde tatsächlich gab.
Dumas hat Historie und Fiktion wahrlich meisterhaft verwoben und ich ab und zu in meinen Romanen darauf Bezug genommen.
Was ich allerdings nicht mag, ist, wenn es heißt: Schreibt wie …, oder für Leser von …
Wer will denn schon eine Kopie von jemand anderem sein?
Ich jedenfalls nicht.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen du erzählen möchtest bzw. darfst?

Ich wäre ein schlechter Autor, wenn nicht schon neue Geschichten in meinem Kopf herumspuken würden.
Als nächstes möchte ich einmal ganz etwas anderes machen und mich in einem anderen Genre und in einer anderen Zeit versuchen.
Aber dann kehre ich zu historischen Themen zurück und war diesbezüglich auch schon auf Recherchereise bzw. plane sie.
Mehr will und darf ich dazu aber noch nicht verraten.
Vielleicht nur so viel: Ideen habe ich für die nächsten zwanzig Jahre.

Interview mit Priska Lo Cascio/Pia Casell

✽•*¨*•๑✿๑★ Autoreninterview ★๑✿๑•*¨*•✽

1. Wer ist Priska Lo Cascio? Magst du dich mal kurz vorstellen?


Geboren bin ich in einem idyllischen Dorf im Oberaargau, im schweizerischen Kanton Bern. Als typisches Landei eben. Und doch wollte ich immer die Welt sehen, Abenteuer erleben und Reisen. Nach der Ausbildung zur Reisefachfrau und sehr zum Unverständnis aller Nachbarn und Bekannten hat mich nichts mehr aufgehalten und ich bin ins Ausland gezogen. Zuerst in den Nahen Osten, dann nach Südeuropa und schließlich in den Norden sowie auf die Britischen Inseln.
Inzwischen bin ich zwar sesshaft geworden, lebe mit meiner Familie nun schon seit 25 Jahren in Zürich, das innere Reißen in die Ferne und die Faszination an fremden Ländern, Sprachen und Kulturen hat mich jedoch bis heute nie losgelassen. Ich liebe es, Neues kennenzulernen, kann stundenlang durch Museen, alte Kirchen, Katakomben oder antike Tempelanlagen stöbern oder auch still und in Gedanken versunken die Atmosphäre geschichtsträchtiger Orte auf mich wirken lassen. Dafür nehme ich auch gerne lange, mühsame Anreisen in Kauf. Sehr zum Leidwesen meines Ehemanns, der eher in die Kategorie der erholungssuchenden Badeurlaubtouristen zählt. Für mich sind solche Erlebnisse jedoch die größte Inspirationsquelle. Sowohl für historischen Romane als auch für die etwas leichteren Wohlfühl-Urlaubstitel, die ich unter meinem Pseudonym Pia Casell veröffentliche. Und meine Bucket-List an Orten, die ich unbedingt noch bereisen will, ist lang. Es gibt also noch viel zu schreiben …

2. Die wohl meistgestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Und warum auch mit Pseudonyme?

Wie bei den meisten Autor*innen käme jetzt wohl das übliche “Ich habe schon als Kind gerne Geschichten geschrieben”. Ja, ich gebe zu, ein Stück weit war’s auch bei mir so. Richtig mit Schreiben angefangen habe ich jedoch eigentlich erst vor knapp 15 Jahren, als ich schlicht kein Buch mehr gefunden habe, das mich wirklich packen konnte. Meine Idee war damals, eine Geschichte nur für mich allein zu schreiben, die ich dann ganz nach Gusto anpassen könnte. Damit habe ich mir alle Zeit gelassen, insgesamt vier Jahre. Inzwischen hatte ich mich aber zum Glück im DSFo (Deutsches Schriftsteller Forum) angemeldet. Dort habe ich erst gelernt, was es überhaupt heißt, Geschichten zu schreiben, und zwar so, dass sie auch lesenswert sind. Das war eine der allerbesten Lehrzeiten überhaupt für mich. Daraus ist schließlich mein erstes Manuskript entstanden, mit dem ich auch prompt eine Agentur gefunden habe. Zwar wurde diese Geschichte nie publiziert, aber sie hat mir mit dem nächsten Manuskript die Tür zum ersten Verlagsvertrag geöffnet. Mit “Das gelbe Tuch” habe ich inzwischen sieben Bücher veröffentlicht. Zwei davon sind nicht historisch, sondern typische Urlaubsromane mit Fernwehgarantie. Das offene Pseudonym wurde hier vom Verlag gewünscht und dient zur klaren Differenzierung der beiden Genres für die Leser. Das ist eine gängige Marketingpraxis, die auch viele andere Autor*innen handhaben.

3. Wie sieht dein Alltag aus? Was machst du noch neben dem Schreiben?

Wenn ich nicht schreibe und reise, ist mein Alltag denkbar unspektakulär. Ehrlich. Das Aufregendste war wohl, als ich mich vor rund anderthalb Jahren dazu entschieden habe, dem Tourismus nach dreißig Jahren endgültig den Rücken zu kehren und mich einer ganz neuen Aufgabe zu widmen. Seither arbeite ich in der externen Mitarbeiterberatung und kümmere mich um die Koordination unserer internationalen Kunden. Ein sehr vielfältiger Job, in dem ich täglich mit der ganzen Welt zu tun habe und der es mir dank des Teilzeitpensums erlaubt, meine Schreiberei noch besser nebenbei einzubringen. Seit letztem Winter habe ich zudem mit dem Häkeln angefangen. Als meditative Nebenbeschäftigung sozusagen. Und man kann dazu prima Hörbücher genießen.

4. Wie lange schreibst du an einem Buch?

Das kommt ganz darauf an. Historische Romane sind ja meistens rechercheintensiver und auch etwas umfangreicher als die Wohlfühl-Romane. Da ich (leider) nicht vollzeitig schreibe, kann es manchmal darum gut und gerne sechs Monate, wenn nicht sogar bis zu einem Jahr lang dauern, bis das Manuskript geboren ist.

5. Du hast auch schon mehrere Bücher geschrieben? Erzähle uns bitte davon…

Dann fangen wir mal bei meinem Erstling an, der 2014 bei Thienemann unter dem Titel “Das Herz des Sternenbringers” erschienen ist. Ich staune noch immer, dass Thienemann als Kinder- und Jugendbuchverlag das Projekt seinerzeit gekauft hat, denn der Stoff war (naja, es geht auch um die Schlacht von Hastings, dem blutigsten Gefecht, das jemals auf englischem Boden stattgefunden hat) eigentlich für Erwachsene konzipiert. So haben das Buch auch hauptsächlich nur Erwachsene gelesen, die so einen Titel natürlich nie bei einem Jugendbuchverlag gesucht haben. Im Nachhinein betrachtet, war das eindeutig das falsche Thema für den falschen Verlag. Aber es war ein lehrreicher Einstieg und die Zusammenarbeit mit Thienemann genial.
Im gleichen Jahr ist im selben Verlag auch das zweite Buch “Die Herrscher von Dhaleth” erschienen. Dieses Mal ein Fantasy-Titel. Auch hier war eigentlich alles ganz anders geplant, denn der Verlag wollte zuerst eine Serie daraus machen. Mit dem Zusammenschluss von Esslinger und Thienemann wurde jedoch das gesamte Programm neu überdacht, und es ist bei diesem einen Buch geblieben. Eine weitere Erfahrung als Autorin, die ich trotz allem nicht missen möchte, denn ich habe erst hier festgestellt, wie schwer es eigentlich ist, wirklich gute Fantasy zu schreiben. Meine Hochachtung vor Autor*innen, die das wirklich können, ist seither ins Unermessliche gestiegen.
Nach einer Pause habe ich dann im Auftrag von Droemer ein neues historisches Projekt aufgreifen dürften. Das Buch ist 2018 unter dem Titel “Das Spiel der Königsmacher” erschienen. Die Geschichte spielt im Ostfrankenreich des 10. Jh. n. Chr. und erzählt vom Werdegang Heinrichs I. zum König. Darin gibt es Schlachten, Intrigen, Mord und alles, was dazugehört. Allein schon die Recherche hierfür war unglaublich spannend und intensiv. Um zu wissen, wie es sich anfühlt, eine frühmittelalterliche Rüstung und Waffen zu tragen, habe ich damals sogar am Kampftraining einer auf diese Epoche spezialisierten Re-enactment Gruppe teilgenommen. Eine unglaublich tolle Erfahrung, nach der ich zwar vor lauter Muskelkater fast eine ganze Woche lang kaum noch gehen konnte, aber es hat sich gelohnt. Ich hätte sonst nie erfahren, wie ein Kettenhemd riecht, wie verflucht viel so ein Rundschild nach nur 5 Minuten wiegt und wie sehr man sich mit einem Spangenhelm auf dem Kopf auf die Speerspitzen der Gegner fokussiert. Falls es jemand noch nicht bemerkt haben sollte: ICH LIEBE RECHERCHE Vor allem, wenn sie eine solche Detektivarbeit wird wie hier, denn die Beweislagen in dieser Epoche sind dünn gesät.
Auch wenn “Die Königsmacher” nicht zu den erfolgreichsten Titeln gehört, ist es eine meiner liebsten Geschichten und ich freue mich immer sehr, wenn mich positive Leserstimmen dazu erreichen.
Schließlich hat mich meine Lektorin von Knaur gefragt, ob ich nicht auch mal “Wohlfühl-Urlaubstitel” schreiben wolle. Ja, warum eigentlich nicht, dachte ich mir. Als langjährige Touristikerin hatte ich schließlich die Qual der Wahl an den schönsten Schauplätzen. Daraus ist die zweiteilige “Kreta-Sommer Serie” mit “Oliven zum Frühstück” und “Ein Sommer voller Salbeiduft” entstanden. Im Mittelpunkt steht dabei immer die liebenswert schrullige Großfamilie Zoidakis aus Palekastro auf Kreta und das Thema des “Aufeinanderprallens der Kulturen”, sobald die bzw. der deutsche Hauptprotagonist*in auf die Zoidakis’ trifft. Es macht unheimlichen Spaß, die unterschiedlichen Mentalitäten, Traditionen und Kulturen miteinander zu vergleichen, ihre Gegensätze auszuleuchten und – ja – manchmal auch bewusst mit typischen Klischees zu spielen.
Im November 2021 ist schließlich mit “Die Stunde zwischen Nacht und Morgen” mein absolutes Herzensbuch bei Droemer erschienen. Nachdem ich vor Jahren einen Artikel darüber gelesen hatte, schwirrte mir die Idee dazu ständig im Kopf herum, doch ich hatte mich nie getraut, als Schweizerin ein so schwieriges Thema wie den 2. Weltkrieg aufzugreifen. Irgendwie fühlte sich das einfach zu vermessen an. Bis mich schlussendlich meine Lektorin und eine liebe Autorenkollegin überredet haben. Die Geschichte spielt im Köln des Jahres 1946 und erzählt mit dem direkten Schauplatz im “Schweizer Dorf am Venloer Wall” von einem kaum bekannten Kapitel der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Tja, und am 30. September 2022 hat nun auch mein Neuling “Das gelbe Tuch” bei Lübbe das Licht der Welt erblickt. Hier befinden wir uns jedoch im Spätmittelalter, und zwar genauer Anno Domini 1449 in Nürnberg. Wie Cover und Titel bereits verraten, geht es um eine Hübschlerin (Prostituierte) in der Hauptrolle, die um ihre Rechte in der städtischen Gesellschaft kämpft. Aber nicht nur. Es ist zugleich ein Portrait des alltäglichen Lebens in einer der wichtigsten deutschen Handelsstädte des Spätmittelalters, während sich der Konflikt zwischen den stets mächtiger werdenden Patriziern und dem alten Landadel immer weiter zuspitzt und schließlich im Markgrafenkrieg (1449/1450) seinen Höhepunkt findet. Dazu habe ich mich stark an historisch belegten Begebenheiten jener Zeit gehalten, die es tatsächlich in Hülle und Fülle gibt.
Das wären alle bisher erschienen Titel von mir. Im Moment gönne ich mir zwar noch ein kleine Schreibpause, aber der nächste Wohlfühl-Urlaubsroman ist bereits geplant und weitere Ideen für neue historische Projekte liegen auch schon in der Pipeline. Langweilig wird es mir also nicht.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Naja, von der Abgabe des fertigen Manuskripts bis hin zur Veröffentlichung vergeht oft noch eine ganze Weile, manchmal sogar ein ganzes Jahr. So bleibt genug Zeit, um sich etwas Neuem zu widmen. Aber ich versuche, ein paar Wochen lang zu verschnaufen, bevor ich mit dem nächsten Projekt anfange. Vor allem wenn es sich um ein völlig neues Thema oder ein anderes Genre handelt. Ich weiß, andere können da direkt loslegen, ich hingegen brauche da immer etwas Zeit, um mich neu einzufinden.

7. Liest du auch selbst gerne mal? Wenn ja, welches Genre bevorzugst du selbst persönlich?

Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit zum Lesen, denn es gehört zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Am liebsten lese ich zwar auf Englisch, das jedoch in fast jedem Genre außer Thriller und Krimis. Keine Ahnung warum, aber damit kann ich mich einfach nicht anfreunden. Und ich könnte sie auch nicht schreiben. Wahrscheinlich würde ich den Mörder bereits auf den ersten zwanzig Seiten verraten.

8. Wenn du eine traurige, witzige oder spannende Szene schreibst, fühlst du dann mit?

Oh ja, beim Schreiben bin ich meistens so nahe an meinen Figuren dran, dass ich mit ihnen lache, fluche und mitfiebere. Je nach Szene kann ich auch mal Rotz und Wasser heulen. Das passiert mir ständig, ob beim Lesen oder im Kino. Ich bin nun mal ein sehr emotionaler Mensch. Aber dieses Eintauchen in die Protagonisten, deren Geschichte man erzählt – genau das liebe ich so sehr daran. Auch wenn es manchmal für die Leute, die mich beim Schreiben beobachten, ziemlich verstörend sein kann.

9. Was ist bis jetzt der Schönste Moment in deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?

Als ich meinen allerersten veröffentlichten Roman gedruckt und mit meinem Namen auf dem Cover in Händen gehalten habe.

10... so spontan… was fällt dir dazu ein?

Lieblingsfarbe: Rot
Lieblingsbuch: Wie gesagt, lese ich am liebsten auf English, darum: “The Guernsey Literary & Potato Peel Pie Society” von Mary Ann Shaffer. Auf Deutsch lautet der (meiner Meinung nach sehr einfallslose) Titel “Deine Juliet”. Ein absolut wunderbares Buch, über ein Grüppchen von Menschen auf der Insel Guernsey, die der Zufall und der 2. Weltkrieg zusammenschmiedet. Dadurch dass die Geschichte ganz in Briefform geschrieben ist, wirkt sie noch viel eindringlicher, finde ich. Und ja, ich heule ständig dabei, auch wenn ich sie schon so oft gelesen habe, dass ich gewisse Szenen fast auswendig kenne.
Lieblingsschriftsteller(in): Da gibt es mehrere. Als Jugendliche war die Schweizer Schriftstellerin Federica de Cesco mein großes Vorbild. Ihre Bücher gehören auch heute noch zu den Schätzen in meinem Bücherregal. Im Historischen Bereich lese ich jedoch inzwischen eher Bernhard Cornwell und Ken Follett. Aber auch Rebecca Gablé gehört zu meinen Favoriten. Habe ich genug von Histos, greife ich sehr gerne zu Alena Schröder oder Delia Owen.
Lieblingsessen: Pasta alla Norma
Lieblingsgetränk: Piña Colada ohne Alkohol im Sommer, Ingwertee im Winter.
Lieblingsfilm: “La vita è bella” von Roberto Benigni.
Lieblingsschauspieler(in): Nachdem ich das nun schon gefühlte 323 Mal angepasst habe – voilà, hier meine Favoriten: Benedict Cumberbatch & Emma Thompson. Unter vielen vielen anderen begnadeten Schauspielern allerdings.
Lieblingsort: Oje, das ist schwer, es gibt so viele wunderbare Orte. Zu meinen absoluten Kraftorten gehören jedoch die Region am Nærøyfjord (Norwegen) und das Wadi Rum (Jordanien).
Lieblingsland: Schottland, Island und Jordanien.
Lieblingshobby: Reisen, Lesen und neuerdings auch Häkeln.

Interview mit Sabine Weiss

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1. Wer ist Sabine Weiss? Magst du dich mal kurz vorstellen?

© André Poling

Sabine Weiß ist Bücherfresserin, manische Rechercherin, begeisterte Reisende und engagierte Kletterin. Oder präziser: Nordlicht, 53 Jahre, Autorin und Journalistin; ach ja: und Ehefrau und Mutter bin ich auch noch.

2. Die wohl meistgestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ganz klassisch habe ich schon als Kind gerne geschrieben. Während der Schulzeit und des Studiums folgten erste Artikel für Zeitungen und Zeitschriften. Ich studierte Germanistik und Geschichte auf Lehramt, wurde dann aber nicht Lehrerin, sondern Journalistin. Irgendwann stieß ich auf das bewegte Leben der Wachskünstlerin Marie Tussaud. Ich begann zu recherchieren, reiste durch Frankreich, England, Irland und Schottland auf ihren Spuren und wollte die Geschichte von Madame Tussaud so erzählen, wie ich sie selbst gerne gelesen hätte – als historischen Roman. Über zehn Jahre nach der ersten Beschäftigung mit ihrem Leben war der Roman fertig – und fand einen renommierten Verlag. Lange arbeitete ich parallel als Autorin und Journalistin. Derzeit habe ich das große Glück „Vollzeit-Schriftstellerin“ zu sein – und bin dankbar dafür.

3. Wie sieht dein Alltag aus? Was machst du noch neben dem Schreiben?

Ich stehe gegen sechs Uhr morgens auf und beginne zu schreiben oder Bücher zu wälzen. Zwischendurch habe ich immer wieder Termine in Bibliotheken oder Museen. Für meine Sylt-Krimis rede ich zudem häufig mit Fachleuten wie Kommissaren oder Rechtsmedizinern und recherchiere vor Ort. Neben dem Schreiben ist Sport ein wichtiger Ausgleich für mich. Außerdem engagiere ich mich in Autorenverbänden wie HOMER – historische Literatur e.V., den Mörderischen Schwestern e.V. oder dem Syndikat e.V. Zudem gebe ich einen Kurs Kreatives Schreiben an einem Gymnasium.

4. Wie lange schreibst du an einem Buch?

Unterschiedlich. Normalerweise etwa ein halbes Jahr für einen Krimi und ein bis zwei Jahre für einen historischen Roman. Derzeit bin ich etwas schneller, was daran liegt, dass ich im Krimi eine Reihe schreibe und daher nicht jedes Mal alle Figuren neu erfinden muss, und mich im historischen Roman seit drei Büchern im siebzehnten Jahrhundert und z.T. in der Geschichte der Niederlande im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ befinde.

5. Du hast auch schon mehrere Bücher geschrieben? Erzähle uns bitte davon… Denn es sind verschiedene Genre.

Im Dezember erscheint mein dreizehnter historischer Roman „Blüte der Zeit“, im März 2023 mein siebter Sylt-Krimi, beide im Lübbe-Verlag. Bei den historischen Romanen habe ich mich zwischen dem zwölften und dem neunzehnten Jahrhundert bewegt. Daneben habe ich die Texte für zwei Reisebildbände über Lissabon und seine Straßenbahn geschrieben. Ein Reisebildband über die Route 66 mit meinen Texten kommt Ende November im Motorbuch-Verlag heraus. Außerdem ist 2022 die Anthologie „Tatort Nord“ veröffentlicht worden, an der ich mich mit einer Kurzgeschichte beteiligt habe.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Die Zeit vor der Abgabe eines Romans ist meistens ein ganz schöner „Ritt“, sodass ich dann erst einmal ein paar Tage alle Fünfe gerade sein lasse. Dann wird im Garten gebuddelt, entspannte Zeit mit Familie und Freunden verbracht oder geklettert.

7. Liest du auch selbst gerne mal? Wenn ja, welches Genre bevorzugst du selbst persönlich?

Ich lese alles querbeet – besonders gerne Krimis, Thriller und historische Romane.

8. Wenn Du eine traurige, witzige oder spannende Szene schreibst, fühlst du dann mit?

Auf jeden Fall! Das ist immer ein ganz besonders toller Moment!

9. Was ist bis jetzt der Schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?

Vermutlich die Verlagszusage für den ersten Roman, nachdem ich dreizehn Jahre daran gearbeitet hatte. „Die Wachsmalerin – Das Leben der Madame Tussaud“ erschien bei Ullstein als Hardcover und später als Taschenbuch. Aber auch ganz persönliche Begegnungen: Ich habe einige Briefe erhalten, in denen Leserinnen und Leser geschrieben haben, dass meine Bücher ihnen in schweren Zeiten geholfen haben – das ist großartig und macht mich demütig.

10… so spontan… was fällt dir dazu ein?

Lieblingsfarbe: Grün
Lieblingsbuch: Viele! Am häufigsten gelesen habe ich vermutlich „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien.
Lieblingsschriftsteller(in): Auch viele – von Hilary Mantel bis Tana French. Auch dei den deutschen Autor:innen ist die Liste lang …
Lieblingsessen: Franzbrötchen (typisch Nordlicht)
Lieblingsgetränk: Kaffee
Lieblingsfilm: „Das Leben des Brian“. Alle Jahre wieder: „Stolz und Vorurteil“ mit Keira Knightley. Ich bin ein großer Fan von den Filmen des Regisseurs Christopher Nolan.
Lieblingsschauspieler(in): Helen Mirren
Lieblingsort: Am Meer
Lieblingsland: Hmm. „Viele“ wird langsam langweilig, oder? England, Portugal, Schottland.
Lieblingshobby: Klettern und Bouldern, Yoga.

Interview mit Johanna von Wild/Biggi Rist

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1. Wer ist Johanna von Wild? Magst du dich mal vorstellen?

Eigentlich lautet mein Realname Biggi Rist und ich bin in Reutlingen/Baden-Württemberg geboren. Nach einer Ausbildung an der Naturwissenschaftlich-technischen Akademie in Isny/Allgäu und anschließend vielen Jahren Arbeit in der medizinischen Labordiagnostik und in der Forschung, unterbrochen durch einen 2jährigen Aufenthalt in Melbourne/Australien, erfolgte im Jahr 2005 der Umzug von BaWü nach Niedersachsen und eine weitere Ausbildung zur Pferdephysiotherapeutin am Deutschen Institut für Pferdeosteopathie.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Und warum mit einem Pseudonym?

Schon als Kind schrieb ich eigene Geschichten, eine davon findet sich auf meiner Website. Endgültig zum Schreiben kam ich dann aber erst 2010. Gemeinsam mit meiner Freundin und Kollegin Liliane Skalecki veröffentlichte ich 7 Krimis, auch schrieb ich 5 Kurzgeschichten für diverse Anthologie. 2019 wechselte ich zum Genre des historischen Romans und dafür musste ein Pseudonym her, denn ein historisch anmutenden Titel geht schlecht Hand in Hand mit meinem Realnamen, finde ich zumindest.

3. Du wurdest mit dem Buch “Der Pfeiler der Gerechtigkeit” für den Goldenen Homer 2022 nominiert. Das ist ein Preis für hervoragende Historische Literatur. Wie hast du dich gefühlt, als du von der Nominierung erfahren hast?

Natürlich habe ich mich riesig gefreut, wieder unter den Nominierten zu sein, zumal ich im Jahr zuvor schon mit „Der Getreue des Herzogs“ auf der Shortlist stand. Und natürlich machen mich die Nominierungen auch ein wenig stolz. Schließlich stehe ich damit in einer Reihe mit Bestsellerautoren/Autorinnen, wie Petra Schier, Sabine Weiss und Mac P. Lorne.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?

Etwa 1 Jahr dauerte es von der ersten Idee bis zum letzten Punkt, bis das Manuskript veröffentlicht wurde. Der reine Schreibprozess inkl. Recherchearbeiten ca. 9 Monate.

5. Erzähl uns doch ein wenig aus Deinem Schreiballtag. Wie sieht ein typischer Schreibtag bei dir aus? Hast Du bestimmte Rituale?

Einen typischen Schreiballtag gibt es nicht. Da ich nebenher noch im medizinischen Bereich tätig bin, schreibe ich dann, wenn ich die Zeit und Muße dafür aufbringen kann. Setze ich mich aber dann hin und vertiefe mich in meine Arbeit, bemerke ich kaum etwas um mich herum. Am liebsten bin ich ganz alleine zu Hause, es läuft keine Musik, nichts, brauche viel Ruhe. Recherche und Schreibprozess laufen bei mir parallel, mal schreibe ich nur wenige Sätze, habe mir aber dafür jede Menge Wissen angeeignet und mal schreibe ich bis zu zehn Normseiten an einem halben Tag.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Wenn ich mein Manuskript ans Lektorat schicke, habe ich meist bereits mit einem neuen Projekt begonnen.

7. Du hast bereits mehrere Bücher geschrieben und veröffentlicht. Gibt es noch Romanideen für andere Genre, z.B. Sachbuch oder Krimis …?

Sachbuch sicher nicht, und von den Krimis habe ich mich erstmal verabschiedet. Ich möchte weiter historische Romane schreiben.

8. Weißt du bereits vorher genau, was in deinen Büchern passiert, d.h. arbeitest du dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Nein! Ich erstelle ein grobes Exposé mit Figurenbiographien und so in etwa, was geschehen soll. Während des Schreibprozesses übernehmen aber meine Figuren, ob fiktiv oder historisch belegt, das Kommando und ich lasse ihnen ihren Willen. Sie machen das schon!

9. Hast du Vorbilder im Schreibbereich – Lieblingsautoren oder Romane, die du selbst gern geschrieben hättest?

Vorbilder? Nein. Lieblingsautoren? Ja, sicher. Romane, die ich selbst gerne geschrieben hätte? Nein. Ich will mein eigenes Ding machen, meinen Stil behalten bzw. selbstständig verbessern und niemanden kopieren. Das funktioniert nicht. Ich bin mir selbst gegenüber päpstlicher als der Papst, recherchiere bis ins kleinste und klitzekleinste Detail, was mich sehr viel Zeit kostet und teilweise fast in den Wahnsinn treibt. Nur mal so zum Beispiel: Jeder hier kennt Winterlinge, diese kleinen gelben Frühjahrblumen, und ich stelle mir dann die Frage, ob sie zu der Zeit, in welcher meine Geschichte spielt, überhaupt schon nativ in Deutschland waren… und natürlich schau ich das dann nach.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen du erzählen möchtest bzw. darfst?

Ja, mein nächster Roman erscheint im April 2023 und spielt über 25 Jahre hinweg im 30jährigen Krieg, mehr verrate ich nicht. Und natürlich habe ich bereits Roman Nummer 6 begonnen, über dessen Inhalt ich aber jetzt gar nichts kundtun möchte.

Interview mit Birgit Hermann

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1. Wer ist Birgit Hermann? Magst du dich mal vorstellen?

Ich bin eine ganz normale gebürtige Schwarzwälderin: verheiratet, drei erwachsene Kinder, doppelt so viele Enkel… aber – und da hilft es nix, dass ich seit 30 Jahren in einer Klinik arbeite – ich leide an einem unheilbaren Virus, das sich tief in mein Herz gefressen hat und ich einfach nicht loswerde. Vielleicht will ich das gar nicht? Man sieht mir ja nichts an. Wehe wenn es ausbricht – und das passiert sehr oft – verwandelt es mich in kürzester Zeit in eine andere Person. Ich kann dann plötzlich in einem früheren Jahrhundert leben, mir Menschen herbeizaubern und wenn mal die falschen darunter sind, lasse ich sie einfach zu Tode kommen, ohne je zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ist die akute Phase wieder vorbei – sie kann schon mal 2-3 Jahre anhalten – lebe ich wie jeder andere, gehe meiner Arbeit nach…bis zum nächsten Anfall. Ob diese Krankheit ansteckend ist? Das hoffe ich doch sehr. Zumindest in passiver Form. Erst einmal infiziert, seid ihr wie benommen. Das Außen existiert für euch nicht mehr, ihr lebt in einer Art Dämmerzustand. Hineingezogen in meine Welt.

2. Die wohl meist gestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Meine Großmutter öffnete mir die Tür in die magische Welt. Wir haben uns zusammengekuschelt und zugeschaut, wie aus dem Schatten an der Wand ein wildes Pferd wurde, das über den Himmel galoppierte.

Richtig intensiv wurde es, als mein Sohn in der Schule über das Leben seiner Vorfahren berichten sollte. Da ist der Groschen endgültig gefallen. Die Lehrerin war schon längst am nächsten Thema und ich saß immer noch im ehemaligen Klosterarchiv und studierte das Leben der Nonnen zur Zeit Napoleons, als das Kloster geplündert wurde… und das in meinem Nachbarort? Ich konnte es nicht fassen! Wie lebten die Menschen damals? Meine Vorfahren waren Uhrenmacher, das Kopfkino ging los…der Roman hieß dann Die Apfelrose und erschien 7 Jahre später. Das ist nun über 20 Jahre her. Ich glaube ich habe mir damals im kalten Archiv das Virus eingefangen.

3. Du wurdest mit dem Buch “Aschenbrennerin” für den Goldenen Homer 2022 nominiert. Das ist ein Preis für hervoragende Historische Literatur. Wie hast du dich gefühlt, als du von der Nominierung erfahren hast?

Ich war aus dem Häuschen, kam mir vor wie der Kuckuck in der Schwarzwälder Uhr, der mal kurz den Kopf in die große weite Welt strecken darf und dabei einen Freudenschrei ausstößt. Dann schlägt das Türlein zu und der Vogel muss wieder alleine vor sich her brüten, hoffend, dass der Verschlag nochmals aufgeht.

4. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet? Wie verlief die Recherche zu diesem Buch?

Es läuft immer ineinander über; Recherche, Schreiben, die Orte des Geschehens besuchen, Gespräche mit Experten führen, in Museen oder alten Chroniken stöbern, auf Kleinigkeiten achten und mich in die Geschichte hineindenken. Vor allem auch viel Fachwissen aneignen. Ich muss dann in der Geschichte, wenn sie anfängt zu laufen, quasi mitspielen und immer in der Handlung anwesend sein. Nur so kann ich die feinen Nuancen in der Gefühlswelt der Protagonisten erspüren, weiß, wann eine Situation eskaliert…

Es vergehen gut drei Jahre, dann braucht der Verlag noch etwa ein Jahr bis alles – einschließlich dem Lektorat – steht und dann druckreif ist.

5. Erzähl uns doch ein wenig aus Deinem Schreiballtag. Wie sieht ein typischer Schreibtag bei dir aus? Hast Du bestimmte Rituale?

Erstens muss ich einen freien Vormittag haben, da schreibe ich traditionell am liebsten. Unter einen halben Tag Freizeit lohnt es sich nicht anzufangen. Denn Du weißt ja, wenn das Virus sich erst einmal ausbreitet, bin ich wie im Trance. Früher musste ich darauf achten, dass die Kinder in der Schule waren und ich meine Ruhe hatte. Kam doch mal einer früher heim, oder ich hatte die Zeit verpasst, sagten sie nur: Mamma ist wieder im vorletzten Jahrhundert….Diese Schreibzeit ist mir geblieben. Ich richte mich gemütlich ein, in der dunkleren Jahreszeit hilft eine Kerze, Tee oder auch mal eine Tasse Kaffee. Und dann tauche ich ab.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Ich sammle schon während des Schreibens Material für das nächste Projekt. Als das Virus noch neu und ganz heftig war, habe ich schon vor dem Lektorat einen neuen Ausbruch provoziert. So toll war das Gefühl des Fieberwahns! Inzwischen gönne ich mir eine kurze Erholungsphase zwischen größeren Arbeiten, man wird ja nicht jünger und die Außenaufgaben können ganz schön penetrant Gehör fordern. Aber irgendetwas liegt immer auf dem Schreibtisch und wenn es nur kleine Stücke oder Artikel sind, die in einer Schaffenspause abgearbeitet werden. Die sind dann wie warmlaufen für den nächste Ansturm.

7. Du hast bereits mehrere Bücher geschrieben und veröffentlicht. Gibt es noch Romanideen für andere Genre, z.B. Sachbuch oder Krimis …?

Immer; soviel kann ich gar nicht auf einmal schreiben, wie mein Kopf mir Ideen ausspuckt. Hin und wieder ist ein Kurzkrimi, ein Theaterstück dabei, oder, siehe unten…

8. Weißt Du bereits vorher genau, was in Deinen Büchern passiert, d.h. arbeitest Du Dich an einen genauen Handlungsplan entlang oder brechen Dir die Figuren schon mal aus und erfinden ihre ganz eigene Geschichte?

Meine Figuren sind ein wilder Sauhaufen, das kann man so sagen. Die machen was sie wollen und ich sitze da und muss zuschauen, dass ich nicht verpasse aufzuschreiben, was sie gerade wieder aushecken. Ich brauche eigentlich nur eine Büchse aufzumachen; Ort, Zeit, historischen Hintergrund und Personen, ja und vielleicht ein Handwerk hineinschmeißen. Schon brodelt die Suppe.

9. Hast Du Vorbilder im Schreibbereich – Lieblingsautoren oder Romane, die Du selbst gern geschrieben hättest?

Sehr beeindruckt hatten mich in meiner Jugend “Die Nebel von Avalon” von Marion Zimmer Bradley. Das Buch steht heute noch ziemlich ramponiert in meinem Bücherregal. Da war alles drin, was mir Flügel verlieh. Irgendwann werde ich es nochmals lesen.

10. Gibt es bereits neue Projekte, die in Arbeit sind und von denen Du erzählen möchtest bzw. darfst?

Nächstes Jahr wird ein Bühnenstück von mir im ehemaligen Kloster (s.o.) aufgeführt. Z.z. arbeite ich an einem Buch, aber keinem Roman. Ich bin nebenbei noch Naturparkführerin und da beschreibe ich historische Orte im Südschwarzwald. Man könnte es als alternativen Reiseführer bezeichnen. Text und Bilder. Aber es wird noch eine Weile brauchen, ich habe erst den Vertrag unterschrieben.